Der nackte Schweizer Kaiser der
Gain-of-Function-Forschung
Oder: Wie der Bund offiziell bestätigt, was es offiziell «nicht gibt»
Stellt Euch vor, der Bundesrat würde eines Tages sagen:
«Ja, wir erlauben in der Schweiz Hochrisikoforschung an gefährlichen Krankheitserregern.
Ja, diese Forschung kann missbraucht werden.
Ja, sie birgt Risiken wie Diebstahl, Sabotage und unbeabsichtigte Freisetzung.
Und ja, sie läuft bereits.»
Ihr würdet erwarten, dass so etwas in allen grossen Medien diskutiert wird. In der Schweiz aktuell. In den Sonntagszeitungen. In politischen Talkrunden. Doch genau das ist nicht passiert.
Jetzt stehen sie aber schwarz auf weiss in einem offiziellen Dokument des Bundes als Antwort auf drei gezielte Fragen der «Vereinigung Bürger fragen». Diese Bürgerinitiative wollte es genau wissen: Ob Gain-of-Function-Forschung in der Schweiz erlaubt ist, wer sie kontrolliert und ob sie tatsächlich stattfindet.
Die Antworten liegen nun vor. Öffentlich zugänglich. Von Bundesbehörden verfasst. Amtlich abgesegnet. Und doch praktisch unbekannt. Dieses Dokument zerlegt eine der bequemsten Beruhigungsformeln der letzten Jahre: «So etwas gibt es bei uns nicht.»
Doch. Es gibt es.
Und wer weiterliest, versteht schnell: Das Problem ist nicht nur die Forschung selbst, sondern das beharrliche Schweigen darüber.
Drei einfache Fragen und eine entlarvende Antwort
Gefragt wurde nichts Radikales. Keine Unterstellungen, keine Vorwürfe. Nur drei sachliche Fragen:
- Ist sogenannte Gain-of-Function-Forschung in der Schweiz erlaubt?
- Wer bewilligt und kontrolliert sie?
- Gibt es solche Projekte aktuell – ja oder nein?
Die Antwort kam von der «Sektion Biotechnologie und Kontrolle» des Bundes. Und sie ist eindeutig.
Punkt 1: Nein, verboten ist das nicht
Der Bund schreibt wörtlich:
«Es gibt in der Schweiz kein grundsätzliches Verbot zur Gain-of-Function-Forschung.»
Damit ist die wichtigste Nebelwand weggezogen.
Gain-of-Function-Forschung, also Forschung, bei der Krankheitserreger gezielt verändert werden, um sie ansteckender, gefährlicher oder widerstandsfähiger zu machen, ist in der Schweiz grundsätzlich zulässig.
Nicht aus Versehen. Nicht in Grauzonen. Sondern bewusst.
Punkt 2: Das ist keine harmlose Grundlagenforschung
Der Bund definiert Gain-of-Function nicht selbst, sondern übernimmt eine Definition der US-Regierung (Stichwort «Dual Use Research of Concern»). Sinngemäss heisst das:
Forschung, deren Ergebnisse missbraucht werden könnten und eine Bedrohung für öffentliche Gesundheit, Umwelt oder nationale Sicherheit darstellen.
Mit anderen Worten: Der Staat bestätigt selbst, dass diese Forschung ein Missbrauchspotenzial hat.
Das ist kein Aluhut. Das ist Amtsdeutsch.
Punkt 3: Es läuft. Hier. Jetzt.
Was passiert konkret in diesen Laboren?
Wenn der Bund von «45 aktiven Tätigkeiten der Sicherheitsklasse 3» und «4 Anlagen der Sicherheitsklasse 4» spricht, geht es nicht um Theorie, sondern um laufende Arbeiten an gefährlichen Krankheitserregern.
Sicherheitsklasse 3 (BSL‑3)
Hier wird mit Erregern gearbeitet, die schwere Krankheiten verursachen können und über die Luft oder engen Kontakt übertragbar sind.
Typische Tätigkeiten:
- genetische Veränderung von Viren oder Bakterien
- Tests, welche Mutationen sie ansteckender oder widerstandsfähiger machen
- Untersuchung, wie gut sie menschliche Zellen infizieren
- Experimente zur Umgehung von Immunreaktionen oder Medikamenten
Kurz gesagt: Man verändert Erreger gezielt, um ihre Eigenschaften besser zu verstehen – oder zu verschärfen.
Sicherheitsklasse 4 (BSL‑4)
Das ist die höchste Sicherheitsstufe überhaupt. Hier wird mit extrem gefährlichen Erregern gearbeitet, für die es kaum oder keine Therapie gibt.
Typische Tätigkeiten:
- Forschung an hochgefährlichen Viren wie Ebola‑ähnlichen Erregern
- Vergleich verschiedener Virusvarianten
- gezielte Funktionsveränderungen zur Analyse von Übertragbarkeit und Wirkung
- Vorbereitung von «Worst‑Case»-Szenarien
Forschung bedeutet hier ausdrücklich nicht nur Diagnostik, sondern aktives Arbeiten mit und an diesen Erregern.
Warum das relevant ist
Der Bund selbst stuft diese Tätigkeiten als mit «Missbrauchspotenzial» verbunden ein und nennt Risiken wie Diebstahl, Sabotage oder unerlaubte Freisetzung.
Mit anderen Worten: Es handelt sich um Arbeiten, die selbst der Staat als sicherheitsrelevant einstuft und die dennoch weitgehend ohne öffentliche Debatte stattfinden.
Jetzt wird es ungemütlich.
Der Bund listet nüchtern auf:
- 45 aktive Tätigkeiten der Sicherheitsklasse 3
- 4 Anlagen der höchsten Sicherheitsklasse 4
- mehrere davon ausdrücklich «Gain-of-Function-relevant»
Stand: Ende 2025. Das alles ist bewilligt, aktiv und laufend. Während öffentlich gerne so getan wird, als sei das ein theoretisches Randthema.
Punkt 4: Die Risiken sind bekannt und gravierend
Besonders entlarvend ist, was der Bund als mögliche Gefahren aufzählt:
- Diebstahl von Erregern
- Sabotage durch Mitarbeitende
- unerlaubte Freisetzung
- Missbrauch sensibler Daten
- Transportrisiken
Das steht so da. Schwarz auf weiss. Man muss kein Virologe sein, um zu verstehen:
Das sind keine Risiken eines Schullabors. Das sind Szenarien, bei denen man normalerweise von Katastrophenschutz, Geheimdiensten oder Militär spricht.
Wer kontrolliert das alles?
Die Zuständigkeiten verteilen sich auf ein ganzes Behördennetz:
- Bundesamt für Gesundheit (BAG)
- Bundesamt für Umwelt (BAFU)
- diverse Fachkommissionen
- kantonale Kontrollstellen
Viele Köche, viele Formulare, aber am Ende eine zentrale Wahrheit:
Der Staat weiss genau, was läuft. Und er lässt es laufen.
Der nackte Kaiser
Jahrelang hiess es sinngemäss:
- «Das ist Verschwörungstheorie.»
- «So etwas würde man nie erlauben.»
- «Das wäre viel zu gefährlich.»
Jetzt bestätigt der Bund selbst:
- Doch, es ist erlaubt.
- Doch, es ist gefährlich.
- Doch, es hat Missbrauchspotenzial.
- Doch, es findet statt.
Der Kaiser steht nackt da. Nicht, weil Aktivisten etwas behaupten. Sondern weil der Staat es selbst aufgeschrieben hat.
Die eigentliche Frage
Die entscheidende Frage ist nicht mehr, ob es diese Forschung gibt.
Die Frage ist: Warum wurde die Bevölkerung darüber nie ehrlich informiert?
Und gleich danach: Wer trägt die politische Verantwortung, wenn etwas schiefgeht?
Solange diese Fragen unbeantwortet bleiben, ist Vertrauen fehl am Platz.
Warum macht die Schweiz das wirklich?
Diese Frage ist zentral und sie wird öffentlich fast nie gestellt. Die Antwort ist unbequem, aber klar: Die Schweiz tut das nicht aus Naivität, sondern aus Nutzenkalkül.
- Forschung = Geld (viel Geld)
Hochsicherheitsforschung ist Big Business:
- internationale Forschungsförderung
- EU-Programme
- US-Kooperationen
- WHO-nahe Projekte
- öffentlich-private Partnerschaften
Wer über BSL-3/4-Infrastruktur verfügt, sitzt mit am Tisch, wenn Milliarden verteilt werden. Wer sie nicht hat, darf später wissenschaftliche Papers lesen.
Die Schweiz positioniert sich bewusst als Premium-Standort für Hochrisikoforschung.
- «Exzellenz» als Geschäftsmodell
Die Schweiz verkauft sich global als:
- neutral
- stabil
- präzise
- diskret
- hochreguliert
Perfekt für Forschung, die anderswo politisch heikel ist.
Oder anders gesagt:
Was in anderen Ländern Proteste auslöst, wird hier technisch sauber abgewickelt. Das ist kein Zufall. Das ist Standortpolitik.
- Geopolitik: Wer nicht mitmacht, fliegt raus
Gain-of-Function- und Dual-Use-Forschung ist kein Schweizer Sonderfall, sondern Teil eines internationalen Sicherheits- und Forschungsnetzwerks. Wer dazugehören will, muss:
- kompatibel sein
- Standards übernehmen
- Definitionen akzeptieren
- «kooperationsfähig» bleiben
Wer aussteigt, verliert Einfluss. Wer Nein sagt, wird nicht mehr gefragt. Die Schweiz will drinbleiben.
- Kontrolle durch Experten statt durch Bürger
Der heikelste Punkt: Diese Forschung wird bewusst aus der demokratischen Arena herausgehalten.
Warum?
- Mit echter Information gäbe es Widerstand
- Mit Volksabstimmungen gäbe es klare Grenzen
- Mit Transparenz gäbe es politische Risiken
Also delegiert man:
- an Fachkommissionen
- an Behörden
- an «Experten»
Formal korrekt. Demokratisch ausgehöhlt.
- Das Narrativ: «Wir tun das für eure Sicherheit»
Offiziell heisst es:
- Pandemievorsorge
- bessere Impfstoffe
- Früherkennung
- Schutz der Bevölkerung
In Wahrheit:
Man schafft Risiken, um Risiken zu verstehen und hofft, sie im Griff zu behalten.
Das ist eine Wette. Und die Bevölkerung wurde nie gefragt, ob sie mitspielt.
Fazit des Schweizerischen Vereins WIR
Demokratie lebt von informierten Bürgern.
Wer Hochrisikoforschung erlaubt, die selbst von Behörden als missbrauchsgefährlich eingestuft wird, kann nicht gleichzeitig Transparenz verweigern und Vertrauen einfordern.
Der Verein WIR fordert:
- vollständige öffentliche Offenlegung
- echte politische Debatte
- und vor allem: demokratische Kontrolle
Alles andere ist keine Wissenschaftspolitik. Es ist ein Spiel mit dem Feuer.










0 Comments