KI. Kontrolle. Kapital
Wie die Schweiz zur Smart Dictatorship wird
Und es keiner wahrnehmen will
Fortschritt mit Nebenwirkungen
400 Millionen Dollar. So viel investiert Microsoft bis 2027 in den Ausbau seiner KI- und Cloud-Infrastruktur in der Schweiz. Genf soll dabei zum internationalen Zentrum für „verantwortungsvolle KI“ werden. Partnerschaften mit der UNO, dem Roten Kreuz, der WHO und der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) inklusive. Was klingt wie eine Zukunftsvision für eine bessere Welt, ist bei näherem Hinsehen ein massiver Schritt in Richtung Technokratie: eine von Experten, Algorithmen und globalen Playern gelenkte Gesellschaft, in der Moral durch Machbarkeit ersetzt wird.
Technologie wird zum politischen Werkzeug und die Schweiz zur Schaltzentrale einer globalen Ordnung, in der nicht mehr der Wille des Volkes, sondern die Datensätze internationaler Konzerne regieren. Die „Smart Dictatorship“ kommt nicht mit Panzern, sondern mit Partnerschaften. Nicht mit Dekreten, sondern mit Dashboards.
Die Schweiz als Spielwiese der Tech-Giganten
Die Schweiz ist neutral. Die Schweiz ist sicher. Die Schweiz ist reich. Und sie ist bereit. Bereit für den nächsten Schritt in der globalen Ordnung, der nicht mehr von Staaten, sondern von Systemarchitekten gemacht wird. Warum auch nicht? Wo andere Länder bürokratische Hürden, Datenschutzbedenken oder eine aufmuckende Zivilgesellschaft haben, bietet die Schweiz perfekte Bedingungen:
- Politisch konsensorientiert: Keine exekutiven Alleingänge, aber auch kein revolutionärer Widerstand.
- Wirtschaftlich agil: Top ausgebildete Arbeitskräfte, steuerfreundliches Klima, rechtliche Stabilität.
- Digital anschlussfähig: Schnelle Adoption neuer Technologien, hohe Akzeptanz von „smarten“ Lösungen.
Und so strömen sie alle ins Land:
- Microsoft dehnt seine KI- und Cloud-Infrastruktur weiter aus. Mit dem Segen des Bundesrates und PR-Siegeln wie „AI for Good“. Genf wird zur moralisch aufgeladenen Schaltzentrale globaler Digitalisierung. Wer Daten hat, braucht Deutungshoheit. Microsoft liefert beides.
- WISeKey verwaltet die „digitale Identität“ – und zwar nicht nur für Menschen, sondern auch für Dinge. Smart Cities, vernetzte Fahrzeuge, medizinische Geräte: alles wird zertifiziert, katalogisiert, überwachbar gemacht. WISeKey kooperiert mit WEF, ITU, GAVI, WHO – und positioniert sich als digitaler Notar der kommenden Kontrollordnung.
- Palantir , der Big-Data-Konzern mit CIA-Genetik, hat sich bekanntermassen in Altendorf SZ eingenistet. Was dort wirklich analysiert wird, weiss niemand. Doch wer Palantir kennt, weiss: Transparenz ist keine Tugend, sondern ein Werkzeug. Für Geheimdienste. Für Migrationssteuerung. Für Risikoanalysen mit politischer Sprengkraft.
- Starlink, die Weltraum-Dependance von Elon Musk, will 40 Antennen in Leuk bauen. Für besseren Internetzugang, so heisst es. Tatsächlich aber ist Starlink ein militärisch nutzbares globales Netzwerk , das mit terrestrischer Infrastruktur nichts mehr zu tun hat. Die Schweiz wird Knotenpunkt in einem System permanenter Erdbeobachtung und latenter Steuerbarkeit.
Was all diese Akteure eint: Sie brauchen ein Land, das mitspielt, aber nicht aufmuckt. Die Schweiz ist perfekt. Und sie spielt ihre Rolle mit Anstand.
Elon Musk: Der Posterboy der Technokratie?
Elon Musk ist vieles. Aber vielleicht nicht das, wofür er sich ausgibt. Ein Blick hinter das PR-Narrativ zeigt: Viele seiner Innovationen sind nicht neu, sondern nur neu verpackt. Und viele seiner Projekte haben einen gemeinsamen Ursprung: DARPA.
- Neuralink DARPA forschte schon seit den 2000er Jahren an Hirn-Computer-Schnittstellen.
- Starlink? Die Idee einer globalen Satellitenkommunikation wurde im Pentagon entwickelt. Musk liefert die zivile Tarnkappe.
- Tesla Autopilot? Geht zurück auf die DARPA Grand Challenges der frühen 2000er.
- SpaceX? Kam durch die Hilfe von Michael Griffin ins Rollen – einem ehemaligen Pentagon-Strategen und Direktor bei In-Q-Tel.
Die Frage lautet nicht: Wie genial ist Elon Musk? Die Frage ist: Wem dient das, was er realisiert?
Musk ist der Popstar der Technokratie. Er macht sie sexy. Cool. Konsumierbar. Aber unter der Oberfläche verbirgt sich ein militärisch-industrieller Komplex, der das Zepter übernommen hat. Nicht als Diktatur, sondern als Dienstleistung.
Smart Dictatorship:
Die Infrastruktur der neuen Weltordnung
Die neue Herrschaft ist nicht autoritär. Sie ist effizient. Die neue Kontrolle kommt nicht mit der Polizei, sondern mit einer Plattform. Wer in dieser Ordnung lebt, kann sich frei bewegen – solange er im System bleibt.
Die Schweiz stellt bereit:
- Strom für Rechenzentren.
- Rechtssicherheit für globale Cloud-Verträge.
- Humanressourcen für skalierbare Bildungs- und Gesundheitsdigitalisierung.
- Legitimation durch international anerkannte Institutionen.
Der Deal ist simpel: Ihr bringt Kapital und Technologie. Wir liefern Compliance und Glaubwürdigkeit. So wird Genf zum Ort, an dem die WHO ethische KI-Standards entwickelt – mit Microsoft als Partner. So wird Leuk zum Ort, an dem Starlink seine Antennen aufstellt – angeblich für besseren Empfang, tatsächlich für Echtzeit-Datenverkehr mit strategischem Mehrwert.
So entsteht eine Ordnung, die Patrick M. Wood treffend als Technokratie bezeichnet: eine wissenschaftlich-technische Diktatur, die keine Wahlen braucht, weil sie keinen Widerspruch kennt. Alles wird gemessen, vernetzt, bewertet. Von der Krankenkasse bis zur Mobilität, von der Bildung bis zum Konsumverhalten.
Demokratie oder Dashboard?
Die Schweiz am Scheideweg
Die direkte Demokratie der Schweiz war einmal ein Bollwerk gegen zentralistische Bevormundung. Heute droht sie zum Feigenblatt einer „partizipativen“ Technokratie zu werden. Referenden werden ausgesessen, Diskussionen durch Panels ersetzt, Souveränität durch „Kooperation“.
Die Schweiz ist Teil der Digitalstrategie der UNO, der OECD, der WHO, der EU. Sie vernetzt sich mit Cloud-Anbietern, die keine physische Präsenz mehr brauchen, weil die Datenströme global fliessen. Sie erlaubt Infrastruktur, die in strategische Steuerungsnetze eingebunden ist – ohne öffentliche Debatte.
Und sie bildet eine Generation aus, die KI „nutzen“ soll, aber nicht hinterfragt. Eine Million Menschen bis 2027 sollen laut Microsoft KI-fit gemacht werden. Aber für wen? Für welches System? Und mit welchem Wertekanon?
Eine Million! Echt jetzt? Gibt’s als Dank eine Bratwurst und ein digitales Diplom fürs LinkedIn-Profil? Vielleicht sogar mit einem freundlichen Badge vom Bundesamt für KI-Kompetenz und einer Autopen-Unterschrift von Billy Boy Gates-Noch? Willkommen im Schulterschluss von Bildungsoffensive und Cloud-Compliance. Wer heute artig klickt, darf morgen mitreden. Vielleicht. Wenn der Algorithmus zustimmt.
Der digitale Rütlischwur
Der neue Rütlischwur findet nicht auf einer Bergwiese statt. Sondern in Rechenzentren. Auf Servern. In Verträgen zwischen Staat und Cloud. Wer heute Unabhängigkeit will, muss sie sich technologisch, politisch und geistig zurückholen.
Die SmartDictatorship kommt nicht. Sie ist da. Leise. Effizient. Und mit Schweizer Präzision.
Was bleibt?
- Aufklärung.
- Widerstand durch Wissen.
- Netzwerke wie WIR, die den Schleier lüften und Fragen stellen, wo andere schweigen.
Denn wie Bertolt Brecht schrieb: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“
Und vielleicht kommt danach das Erwachen.
Noch ein Wort an die Technologiegläubigen
Dieser Beitrag ist kein Aufruf zum Rückschritt, sondern zur kritischen Mündigkeit. Technologie ist weder gut noch böse – sie ist ein Werkzeug. Doch wie jedes Werkzeug kann sie dienen oder dominieren. Wer Kritik an Machtstrukturen äussert, ist nicht technikfeindlich, sondern demokratiefreundlich. Die Frage ist nicht, ob wir Digitalisierung wollen, sondern wie, unter wessen Kontrolle und zu welchem Zweck. Echte Innovation braucht Transparenz, Debatte und Souveränität. Nicht blinden Gehorsam im Namen des Fortschritts.
Was also tun?
Die perfekte Diktatur bräuchte keine Zensur mehr, wenn alle freiwillig mitmachen. Tun wir es nicht.
Boykott mag ein kleiner Schritt sein, aber er ist ein Signal: Wir sehen euch. Wir durchschauen das Spiel. Dienste meiden, Plattformen verlassen, Alternativen suchen. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern bewusst. Selbstermächtigung beginnt da, wo wir aufhören, das Bequeme für das einzig Mögliche zu halten (so wie beispielsweise eine E-ID).
Digitale Souveränität bedeutet nicht, offline zu leben, sondern unabhängige Strukturen aufzubauen. Dezentrale Netzwerke, Open-Source-Tools, analoge Backup-Lösungen, kooperative Wissenssysteme. Wer gestalten will, muss sichtbar bleiben – aber nicht kontrollierbar.
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