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Öffentlichkeitsanfrage zu «Desinformation» und «Misinformation»

7.Dez.. 2025 | 0 comments

«Wir wissen von nichts»

Wie das BAKOM Desinformation elegant umdefiniert

Wenn Bundesstellen antworten, weiss man oft mehr aus dem, was sie nicht sagen. Das zeigt die jüngste Antwort des Bundesamts für Kommunikation (BAKOM) auf eine Anfrage des Schweizerischen Vereins WIR zum Thema «Desinformation/Misinformation». Hier die ehrliche Übersetzung der Behördensprache in acht Punkten.

Von: [email protected] [mailto:[email protected]]
Gesendet: Freitag, 7. November 2025 15:02
An: [email protected][email protected]
Cc: [email protected][email protected][email protected]

Betreff: AW: Öffentlichkeitsanfrage gemäss BGÖ – Desinformation / Misinformation

Sehr geehrter Herr Oesch

Zu Ihrem Zugangsgesuch gemäss Öffentlichkeitsgesetz sowie zu Ihren Fragen vom 23. Oktober 2025 nehmen wir wie folgt Stellung:

  1. Wie definiert der Bund die Begriffe «Desinformation» und «Misinformation», und worin besteht intern der Unterschied? (Gesuchte Dokumente: Definitionspapiere, interne Leitfäden, Kommunikationsrichtlinien)

Das BAKOM erachtet sich nicht zuständig für die Beantwortung dieser Frage bzw. verfügt über keine relevanten Dokumente in diesem Zusammenhang. Der Bundesrat hat zur Thematik Beeinflussungsaktivität und Desinformation einen Bericht veröffentlicht, der relevante Begriffe definiert: Beeinflussungsaktivitäten und Desinformation.

Definitionen von «Desinformation» und «Misinformation»
Keine eigenen Dokumente, keine Definitionen, kein internes Papier. Das BAKOM verweist bloss auf einen alten Bundesratsbericht über «Beeinflussungsaktivitäten».
Heisst übersetzt: Wir haben keine Definition, aber irgendwo steht sicher etwas, das nach einer aussieht.

  1. Auf welcher verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Grundlage stützt sich eine allfällige Bekämpfung, Kennzeichnung oder Einschränkung solcher Inhalte? (Gesuchte Dokumente: juristische Gutachten, Stellungnahmen, Departementsvermerke)

Das BAKOM erachtet sich nicht zuständig für die Beantwortung dieser Frage bzw. verfügt über keine relevanten Dokumente in diesem Zusammenhang.

Rechtsgrundlagen
Das Amt erklärt sich für nicht zuständig. Keine juristische Basis, keine Stellungnahme, kein Gutachten.
Heisst: Eingriffe in die Meinungsfreiheit? Nicht unsere Baustelle, aber danke für die Frage.

  1. Welche Bundesstellen, Forschungsinstitutionen, Medienpartner oder NGOs sind derzeit in Projekte zur «Bekämpfung von Desinformation/Misinformation» involviert? (Gesuchte Dokumente: Projektlisten, Kooperationsvereinbarungen, Förderentscheide)

Das BAKOM erachtet sich nicht zuständig für die Beantwortung dieser Frage bzw. verfügt über keine relevanten Dokumente in diesem Zusammenhang.

Beteiligte Akteure (Bund, NGOs, Medienpartner)
Wieder Fehlanzeige. Keine Kenntnis, keine Unterlagen.
Wenn es Kooperationen gibt, hat man offenbar beschlossen, sie nicht zu kennen.

  1. Existieren Richtlinien oder technische Verfahren, die algorithmische Filterung, Kennzeichnung oder Entfernung von Inhalten vorsehen? (Gesuchte Dokumente: technische Spezifikationen, Protokolle, interne Kommunikation)

Dem BAKOM sind in diesem Zusammenhang keine bundesinternen Richtlinien oder Verfahren bekannt. Insofern damit die Entscheidungssysteme von digitalen Kommunikationsplattformen wie Facebook gemeint sind, welche die Sichtbarkeit von erstellten oder geteilten Inhalten bestimmen, so handelt es sich um entsprechende Richtlinien und Verfahren der Plattformen selbst. Das BAKOM ist nicht im Besitz solcher Dokumente.

Algorithmische Filterung oder Kennzeichnung
Keine internen Verfahren bekannt. Falls Facebook gemeint ist, das machen die Plattformen selbst.
Der elegante Amts-Pingpong-Trick: Zuständigkeit delegieren, Verantwortung vermeiden.

  1. Welche Finanzmittel oder Förderbeiträge hat der Bund in den letzten fünf Jahren für Programme zu «Medienkompetenz» oder «Bekämpfung von Desinformation» gesprochen? (Gesuchte Dokumente: Budgettabellen, Kreditentscheide, Empfängerlisten)

Das BAKOM unterstützt keine Programme zu Medienkompetenz oder der Bekämpfung von Desinformation. Es hat im Rahmen des Berichtes «Intermediäre und Kommunikationsplattformen Auswirkungen auf die öffentliche Kommunikation und Ansätze einer Governance» (https://www.bakom.admin.ch/dam/de/sd-web/QD5nZ2fHwqBY/bericht-kommunikationsplattformen-und-intermediaere-2021.pdf) und darüber hinaus einzelne Projekte in den Bereichen Medienkompetenz und Desinformation unterstützt. Die entsprechenden Studien werden im Rahmen der Grundlagenforschung fortlaufend publiziert (https://www.bakom.admin.ch/de/grundlagenforschung). Für weitere Informationen insbesondere im Bereich Medienkompetenz verweisen wir an das Bundesamt für Sozialversicherungen.

Finanzierung & Förderbeiträge
Offiziell unterstützt das BAKOM keine Programme zu Medienkompetenz oder Desinformation. Dann aber: «einzelne Projekte im Rahmen von Studien».
Also doch. Nur ohne Summen, Namen oder Rechenschaft.

  1. Gibt es Kooperationsabkommen mit internationalen Organisationen (z. B. EU, NATO, OECD, WHO) zur Bekämpfung oder Definition von Desinformation? (Gesuchte Dokumente: Abkommen, Memoranda of Understanding, Meeting Minutes)

Das BAKOM verfügt über keine Kooperationsabkommen mit internationalen Organisationen in diesem Bereich. Gerne verweisen wir in dem Zusammenhang auf einige relevante und öffentlich zugängliche Dokumente von internationalen Organisationen:

Internationale Kooperationen
Keine eigenen Abkommen. Stattdessen ein paar Links zu OECD und Europarat.
Die Schweiz macht nicht mit, sie liest nur mit.

  1. Wie wird sichergestellt, dass staatlich finanzierte Faktenchecker oder Medienprojekte nicht gegen die Staatsunabhängigkeit der Medien (Art. 93 BV) verstossen? (Gesuchte Dokumente: Vereinbarungen, Aufsichtsdokumente, Rechtsgutachten)

In der Schweiz gibt es keine staatlich finanzierten Faktenchecker. Bei staatlich finanzierten Medien ist mit Blick auf die verfassungsrechtlich garantierte Medienfreiheit und Staatsunabhängigkeit zu gewährleisten, dass diese weiterhin über alles berichten können. Absolut verboten sind Finanzierungsformen, die dem Staat eine inhaltliche Kontrolle von Medienangeboten ermöglichen (Zensurverbot gemäss Artikel 17 Absatz 2 BV). Hierfür ist sicherzustellen, dass es nicht im Belieben des Staates ist, welche Medien er in welcher Höhe finanziert. Die staatlichen Ermessensspielräume bei der Medienfinanzierung müssen daher eingeschränkt sein. Ein Überblick über mögliche Sicherungsmassnahmen ist in diesem Postulatsbericht des Bundesrats zuhanden des Parlaments dargestellt (im Anhang 2). So ist etwa zu gewährleisten, dass der Staat den Medien keine bestimmten Meinungen oder Inhalte vorgeben kann. Beispiel Finanzierung von Radio- und Fernsehveranstaltern mit Konzession (Service public): Wie in den Konzessionen der lokal-regionalen Veranstalter (s. z.B. die TVO Konzession) und der SRG-Konzession ersichtlich wird, werden den Veranstaltern nur sehr grobe inhaltliche Vorgaben gemacht. Zudem ist die staatliche Finanzierung vorhersehbar/planbar: Die SRG, die einen gesetzlichen Anspruch hat auf ihre Konzession (vgl. Art. 25 Abs. 1 RTVG), ist entsprechend gesetzlich vorgesehen, dass sie für die Erbringung ihrer Leistungen aus der Abgabe für Radio und Fernsehen abgegolten wird (vgl. insb. Art. 34 RTVG). Die lokal-regionalen Veranstalter mit Konzessionen erhalten die staatliche Abgeltung für den Zeitraum der Konzession (10 Jahre, vgl. Art. 3 und Art. 15 der Beispielkonzession im Anhang).

Faktenchecker & Staatsunabhängigkeit
«Es gibt keine staatlich finanzierten Faktenchecker», beteuert das Amt. Es folgt eine seitenlange Erklärung zur Medienfreiheit und zum Service public.
Wer so ausführlich verneint, hat meist einen Grund dafür.

  1. Welche Verfahren bestehen, um Bürger oder Medienschaffenden Einsicht oder Beschwerde gegen Eingriffe in ihre Meinungsfreiheit zu ermöglichen? (Gesuchte Dokumente: Prozessbeschreibungen, interne Weisungen, Evaluationsberichte)

Es gelten die gesetzlich vorgesehenen Rechtswege. Z.B. können sich konzessionierte Radio- und Fernsehveranstalter gegen die Aufsichtspraxis des BAKOM beim Bundesverwaltungsgericht beschweren (vgl. Urteil BVGer A-623/2024, worin das Gericht die Einhaltung der Programmautonomie bejaht hat).

Beschwerdemöglichkeiten
Es gelten die üblichen Rechtswege. Ein Bundesverwaltungsgericht habe die Aufsichtspraxis bestätigt.
Kurz: Wer sich beschweren will, darf, nur bringt’s nichts.

Zur vorliegenden Stellungnahme kann mittels Schlichtungsantrag nach Artikel 13 BGÖ ein Schlichtungsverfahren eingeleitet werden, soweit das Zugangsrecht eingeschränkt oder aufgeschoben wird. Der Schlichtungsantrag muss schriftlich innert 20 Tagen ab Erhalt dieser Stellungnahme an den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten, Feldeggweg 1, 3003 Bern, gerichtet werden.

Freundliche Grüsse

Livia Moret

Von: Christian Oesch, Präsident Schweizerischer Verein WIR
Gesendet: Donnerstag, 23. Oktober 2025 04:45
An: ‚[email protected]
Cc: ‚[email protected]‘; ‚[email protected]‘; ‚[email protected]‘; ‚Info Vereinwir‘

Betreff: Öffentlichkeitsanfrage gemäss BGÖ – Desinformation / Misinformation

Wichtigkeit: Hoch

Cc: Albert Rösti, Bundesrat
Bcc: Chefredaktoren

Sehr geehrter Herr Maissen,

im Anhang finden Sie die Öffentlichkeitsanfrage des Schweizerischen Vereins WIR gemäss Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ, SR 152.3) zu staatlichen Strategien, Kooperationen und Massnahmen im Bereich «Desinformation» und «Misinformation».

Wir ersuchen um elektronische Zustellung der entsprechenden Unterlagen und danken Ihnen im Voraus für die Bearbeitung unserer Anfrage.

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

An das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM)

z.H. Bernard Maissen, Direktor Zukunftstrasse 44
2501 Biel/Bienne

Öffentlichkeitsanfrage gemäss Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ, SR 152.3)

Betreff: Staatliche Strategien, Kooperationen und Massnahmen im Bereich «Desinformation» und «Misinformation»

Sehr geehrter Herr Maissen

Im Namen des Schweizerischen Vereins WIR ersuchen wir gestützt auf Art. 6 ff. BGÖ um Einsicht in sämtliche Unterlagen, Akten, Konzepte, Vereinbarungen, Protokolle oder Kommunikationsrichtlinien, welche sich auf die Bekämpfung oder Regulierung sogenannter «Desinformation» oder «Misinformation» beziehen.

Hintergrund dieser Anfrage ist die am 13. Oktober 2025 im Verkehrshaus Luzern eröffnete Ausstellung «Wirklich?! – Fake, Fakt oder Meinung?», an der Bundesrat Albert Rösti im Namen des Bundes über Medienkompetenz, Desinformation und Demokratie sprach. Da diese Begriffe zunehmend auch auf abweichende Meinungen angewendet werden, besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Definition, Reichweite und verfassungsrechtlichen Grundlage entsprechender Aktivitäten der Bundesverwaltung.

Begriffliche Präzisierung

Im Rahmen dieser Anfrage ist für uns zentral, dass zwischen Desinformation (absichtlicher Täuschung) und Misinformation (Irrtum, unvollständige oder abweichende Information) unterschieden wird.

Diese Differenz ist sowohl juristisch als auch demokratiepolitisch von wesentlicher Bedeutung, da nur absichtliche Täuschung, nicht aber Irrtum oder Widerspruch, Sanktionen oder staatliche Eingriffe rechtfertigen könnte.

Wir ersuchen daher ausdrücklich um Offenlegung, wie diese Unterscheidung innerhalb der Bundesverwaltung definiert, dokumentiert und kommuniziert wird, insbesondere im Hinblick auf politische Kommunikation, Medienarbeit und internationale Kooperationen.

Wir ersuchen ausdrücklich nicht nur um Beantwortung der nachfolgenden Fragen, sondern um Zugang zu allen einschlägigen Dokumenten, Konzepten und Korrespondenzen, die zu diesen Punkten vorliegen, unabhängig von Entwurfs-, End- oder Verhandlungsstatus.

Fragestellungen / Dokumentationsbereiche

  1. Wie definiert der Bund die Begriffe «Desinformation» und «Misinformation», und worin besteht intern der Unterschied? (Gesuchte Dokumente: Definitionspapiere, interne Leitfäden, Kommunikationsrichtlinien)
  1. Auf welcher verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Grundlage stützt sich eine allfällige Bekämpfung, Kennzeichnung oder Einschränkung solcher Inhalte? (Gesuchte Dokumente: juristische Gutachten, Stellungnahmen, Departementsvermerke)
  1. Welche Bundesstellen, Forschungsinstitutionen, Medienpartner oder NGOs sind derzeit in Projekte zur «Bekämpfung von Desinformation/Misinformation» involviert? (Gesuchte Dokumente: Projektlisten, Kooperationsvereinbarungen, Förderentscheide)
  1. Existieren Richtlinien oder technische Verfahren, die algorithmische Filterung, Kennzeichnung oder Entfernung von Inhalten vorsehen? (Gesuchte Dokumente: technische Spezifikationen, Protokolle, interne Kommunikation)
  1. Welche Finanzmittel oder Förderbeiträge hat der Bund in den letzten fünf Jahren für Programme zu «Medienkompetenz» oder «Bekämpfung von Desinformation» gesprochen? (Gesuchte Dokumente: Budgettabellen, Kreditentscheide, Empfängerlisten)
  1. Gibt es Kooperationsabkommen mit internationalen Organisationen (z. EU, NATO, OECD, WHO) zur Bekämpfung oder Definition von Desinformation? (Gesuchte Dokumente: Abkommen, Memoranda of Understanding, Meeting Minutes)
  1. Wie wird sichergestellt, dass staatlich finanzierte Faktenchecker oder Medienprojekte nicht gegen die Staatsunabhängigkeit der Medien (Art. 93 BV) verstossen? (Gesuchte Dokumente: Vereinbarungen, Aufsichtsdokumente, Rechtsgutachten)
  1. Welche Verfahren bestehen, um Bürger oder Medienschaffenden Einsicht oder Beschwerde gegen Eingriffe in ihre Meinungsfreiheit zu ermöglichen? (Gesuchte Dokumente: Prozessbeschreibungen, interne Weisungen, Evaluationsberichte)

Wir bitten um elektronische Zustellung der vorhandenen Dokumente.

Mit freundlichen Grüssen
Schweizerischer Verein WIR
Christian Oesch, Präsident

+41 79 329 2448

[email protected]www.VereinWIR.ch

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