Büren an der Aare, 25. August 2023

Adaptive 5G Mobilfunkantennen rechtswidrig in Betrieb genommen!

In einem Grundsatzurteil in Büren an der Aare hat das Verwaltungsgericht BE entschieden, dass adaptive Antennen bundesrechtswidrig und unter Umgehung der Bürgerrechte von betroffenen Nachbarn in Betrieb genommen wurden.

Während dem Verwaltungsjustizverfahren wurde die Sendeleistung rechtswidrig ohne Baugesuch erhöht. Das Verwaltungsgericht hat jetzt die Aufhebung des kantonalen Entscheides verfügt und eine entsprechende Beschwerde gutgeheissen. Sunrise muss den Mobilfunkdienst 5G in Büren an der Aare vorerst einstellen und ein nachträgliches Baugesuch bei der Gemeinde einreichen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann vor Bundesgericht angefochten werden. 

Das Urteil des Verwaltungsgerichtes gilt im Kanton Bern und der ganzen Schweiz als Präzedenzfall, da hunderte und schweizweit tausende adaptive 5G Mobilfunkantennen als sogenannte «Bagatellen» ohne Baubewilligung mit höherer Sendeleistung in Betrieb genommen wurden.

Antenne am 12. Mai 2019

Antenne am 31. August 2020

Sendeleistung rechtswidrig erhöht

Bereits 2020 verfügte die Gemeinde Jaberg BE die Abschaltung einer adaptiven Antenne, welche in der Landwirtschaftszone ohne Baugesuch an einem bestehenden Standort in Betrieb genommen wurde. Die Bau- und Verkehrsdirektion schützte den Entscheid der Gemeinde und wies die Beschwerde von Sunrise dagegen ab.

Ebenfalls in einem Verwaltungsgerichtsverfahren wurde in der Gemeinde Leuzigen aufgezeigt, dass alleine die Swisscom in den Jahren 2021 + 2022 bei rund 200 adaptiven Antennen den Korrekturfaktor (Sendeleistungserhöhung) rechtswidrig ohne Baugesuch und Bewilligung aufgeschaltet haben.

Auch eine von Einsprechern geführte Beschwerde in Engelberg wurde vom Verwaltungsgericht OW kürzlich vollumfänglich gutgeheissen. Dies, weil die kantonale Vollzugsbehörde ein Baugesuch für adaptive Antennen nicht korrekt prüfte und keine Messung verlangt hat. Das Verwaltungsgericht des Kantons ZH hat zudem bereits 2021 festgehalten, dass adaptive Antennen anders funktionieren und nicht gleich gemessen und kontrolliert werden können wie konventionelle.

Nachmessung von über 18’000 Mobilfunkantennen

All diese Gerichtsentscheide zeigen klar und deutlich auf, dass die kantonalen Vollzugsbehörden ihre Aufgaben und Kontrollfunktionen nach eidg. Strahlenschutzverordnung (NISV) nicht oder nur ungenügend wahrnehmen.

Das Bundesgericht hat zudem 2019 den Bund und die Kantone zu einer Nachmessung von über 18’000 Mobilfunkantennen verpflichtet, da es annehmen muss, dass die Grenzwerte z.T. überschritten werden. Der K-Tipp hat unlängst aufgezeigt, dass rund 20% aller Mobilfunkantennen zu stark strahlen und die Grenzwerte nicht einhalten.

Diese Urteile zeigen auch auf, dass die Vollzugsbehörden der Kantone die Gemeinden mit rechtswidrigen und irreführenden Aussagen beraten haben. So hat z.B. der zuständige Regierungsrat des Kantons Bern die Vollzugspraxis der Fachstelle NIS, welche – trotz anders lautendem Rechtsgutachten – immer noch Umrüstungen von konventionellen auf adaptive Antennen als sogenannte Bagatellen, sprich «Bewilligungsbefreiungen» bestätigt hat, nicht korrigiert und die höchst bundesrechtswidrige Praxis geschützt.

Damit wurden die Mobilfunkbetreiber unrechtmässig bevorzugt und begünstigt.

Der gleiche Regierungsrat weigert sich jetzt auch, als kantonale Vollzugsbehörde tätig zu werden. Für die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes bei den unzähligen rechtswidrigen Bagatellfällen seien die Baupolizeibehörden der Gemeinden zuständig. Dies ist umso befremdlicher, wurde den Gemeinden bis anhin doch immer wieder entgegnet, dass sie rechtlich keine andere Möglichkeit hätten, als die «Bagatellen» gutzuheissen.

Mit diesen neuen Verwaltungsgerichtsurteilen, zusammen mit den bereits bestehenden, hat sich die Rechtssicherheit schweizweit dahingehend verbessert:

  • Adaptive Antennen brauchen immer eine Baubewilligung sowie eine öffentliche Publikation (sowohl in der Bau- als auch Landwirtschaftszone).
  • Sendeleistungserhöhungen (Aufschaltung des Korrekturfaktors) sind immer baubewilligungs- und publikationspflichtig.
  • Die Gemeinden sind für die baupolizeiliche Durchsetzung des rechtmässigen Zustandes bei unrechtsmässigen Bewilligungsbefreiungen (Bagatellen) verantwortlich und zuständig.
  • Betroffene Nachbarn (im Einspracheperimeter) können mittels baupolizeilicher Anzeige die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes durchsetzen, sollten sich die Gemeinden weigern, ihre Aufgaben als Baupolizei wahrzunehmen.
  • Adaptive Antennen funktionieren anders und müssen separat gemessen und kontrolliert werden. Darum hat der Bundesrat bereits am 17. April 2019 entschieden, dass diese gesondert und privilegiert behandelt werden. Am 23. Februar 2021 hat das BAFU diesbezügliche Vollzugsbestimmungen erlassen. Diese wurden durch das Bundesgericht bis heute nicht auf deren Rechtsmässigkeit geprüft und bestätigt.
  • In nachträglichen Baubewilligungsverfahren müssen die Bagatellen dahingehend überprüft werden, ob diese die Grenzwertbestimmungen nach NISV einhalten. Bis zur rechtskräftigen Baubewilligung müssen die rechtswidrig in Betrieb genommenen Antennen abgeschaltet werden.
Daniel Laubscher | plannetzwerk

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5G: Berner Verwaltungsgericht pfeift Regierungsrat zurück

Videobericht von Hoch2 vom 28. August 2023

Während uns Regierung, Industrie und auch viele Medien suggerieren, dass wir ohne 5G verloren seien und international den technologischen Anschluss verpassen würden, verstehen immer mehr Menschen die mit dem noch einigermaßen neuen Mobilfunkstandard verbundenen Probleme. Ein ganz frisches Urteil könnte bei den Bestrebungen, den 5G-Ausbau zu bremsen, für neuen Aufwind sorgen.

Link zur Sendung

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